0t1 steckt noch in den Kinderschuhen.

Thinking, fast and slow

In dem Buch „Thinking, fast and slow“, von Daniel Kahneman geht es um das Lebenswerk des Autors.
Kahneman zählt zu den einflussreichsten Kognitionspsychologen der Welt. In seinem Buch beschreibt er, wie Informationen durch zwei unterschiedliche Denkweisen verarbeitet werden und durch welche Faktoren das Denken des Menschen beeinflusst werden kann.

Abschnitt 1 - Zwei Denksysteme

Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Euro.
Der Schläger kostet ein Euro mehr als der Ball.

Wie viel kostet der Schläger und wie viel der Ball?

Am häufigsten wird das oben genannte Rätsel damit beantwortet, dass der Schläger einen Euro und der Ball 10 Cent kostet. Denkt man aber einen kurzen Moment darüber nach, wird einem schnell bewusst, dass die Differenz hier nicht ein Euro, sondern 90 Cent beträgt. Die richtige Antwort wäre also: Der Schläger kostet 1,05 Euro und der Ball 5 Cent. Es stellt sich hier die Frage, weshalb ein so leichtes Rätsel, das jeder mit kurzer Überdenkzeit richtig lösen kann, so oft falsch beantwortet wird.

Der Autor Daniel Kahneman führt dies auf zwei Denksysteme zurück, die Systeme 1 und 2. Wird eine Information mit dem System 1 verarbeitet, dann geht das Gehirn von einem leicht zu lösenden Problem aus und antwortet schnell und intuitiv. Dabei wird die Antwort nicht überdacht und es kommt so schnell zu vermeidbaren Fehlern. Dennoch hat das System 1 auch Vorteile. Hört man beispielsweise ein Geräusch, welches einem Gefahr suggeriert, kann durch die schnelle Verarbeitung sofort gehandelt werden. Steht man vor komplizierten Rätseln oder einer ähnlichen Herausforderung, die mehr Konzentration fordern, wird das System 2 eingesetzt. Hierbei wird analytisch und bewusst vorgegangen. Dabei wird mehr Zeit aufgewandt und sorgfältiger über die Antwort, bzw. Lösung des Problems nachgedacht. Aus dem Wechselspiel dieser beiden Systeme entsteht laut Kahneman das menschliche Verhalten.


Abschnitt 2 - Energiesparmodus

Kann eine Information schnell aufgenommen werden, zum Beispiel durch gute Lesbarkeit, wird häufig das System 1 angesprochen. Kann eine Information nur schwer gefiltert werden, durch beispielsweise eine Anhäufung überflüssiger Informationen oder schlechte Lesbarkeit, so wird automatisch mehr Konzentration gefordert und das System 2 kommt zum Einsatz.

Ist ein Rätsel also vermeintlich leicht, so wird das System 1 angewandt, also findet das Überprüfen durch das System 2 nicht statt. Durch dieses Einsparen des zusätzlichen Aufwands soll Energie gespart werden. Dies wird auch als das Gesetz des geringsten Aufwands bezeichnet.


Abschnitt 3 - Unbewusste Steuerung

S_ _ _ _E

Der Mensch kann durch das Denken in den zwei Systemen leicht beeinflusst werden. Nimmt man beispielsweise das oben genannte Wort, das mit „S“ beginnt und mit „E“ endet und lässt dabei die zwei Buchstaben in der Mitte offen, fällt einem zunächst kein bestimmtes Wort dazu ein. Gibt man aber eine bestimmte Richtung vor, zum Beispiel durch ein weiteres Wort, wird man in seiner Denkweise beeinflusst. Wird in diesem Zusammenhang das Wort „Essen“ ergänzt, werden die meisten Menschen die Lücken zu dem Wort „Suppe“ ergänzen. Gibt man das Wort „Waschen“ vor, so wird häufig auf das Wort „Seife“ geschlossen.

So kann nicht nur das Denken, sondern auch das Verhalten eines Menschen unterbewusst beeinflusst werden. In einem weiteren Versuch wurden die Probanden mit den Wörtern „Florida“ (dem Rentnerparadis der USA) und „Falten“ konfrontiert. Danach bewegten sich die Testpersonen unbewusst langsamer. Dieser Prozess der Beeinflussung wird „Priming“ genannt und findet nicht nur durch das Hören von bestimmten Wörtern statt, sondern kann durch unterschiedlichste Situationen ausgelöst werden. Die Gesellschaft kann hierbei zum Beispiel eine große Rolle spielen und das Handeln und Denken durch deren Werte und Normen in eine bestimmte Richtung lenken.


Abschnitt 4 - Leichtfertige Schlüsse ziehen

Du triffst jemanden auf einer Party und hast ein sehr gutes Gespräch mit dieser Person.
Ein paar Tage später suchst du jemanden der bereit ist für einen guten Zweck zu spenden und denkst sofort an die Person von der Party.

In dem oben genannte Beispiel werden einer sympathischen Person direkt weitere Eigenschaften, wie Hilfsbereitschaft zugeschrieben, obwohl man keine Information über die unbekannte Person besitzt, die einen darauf schließen lassen könnte. Nur weil der erste Eindruck sympathisch war, geht man davon aus, dass diese Person auch weitere gute Eigenschaften besitzt. So ein schnelles und unbegründetes Urteilen entsteht durch das System 1, in dem es eine Information um weitere „passende“ ergänzt. Bewertungen und Meinungen werden schnell und ohne ausreichende Informationen gebildet und dafür wird der erste Eindruck als Basis genutzt. Natürlich gilt dasselbe, bei einem weniger guten Eindruck. Sofort wird auf weitere schlechte Eigenschaften geschlossen. Dieses Phänomen wird als Halo-Effekt bezeichnet.

Neben dem Halo-Effekt gibt es außerdem den Bestätigungsfehler. Hierbei werden Suggestivfragen, wie beispielsweise „Ist Ben nett?“, häufig einfach bestätigt. Ist also schon eine Wertung in der Frage enthalten, wird diese durch das System 1 häufig bestätigt, da ein Verneinen eine größere Herausforderung darstellen und somit ein größerer Konflikt entstehen würde.


Abschnitt 5 - Ausweichmanöver

Frage: „Dieser Mann kandidiert für das Amt des Außenministers. Wie erfolgreich wird er sein?“

Wird zu: „Sieht dieser Mann aus, als könnte er einen guten Job als Ausenminister leisten?“

In diesem Beispiel kann die gestellte Frage aufgrund von mangelndem Fachwissen oder fehlenden Informationen nicht beantwortet werden. Anstatt sich einzugestehen, dass die Frage nicht korrekt beantwortet werden kann, neigt man allerdings dazu, die Frage unterbewusst abzuändern, zu einer Frage, die sich beantworten lässt. Hier stellt man sich also nicht die Frage, ob die Person als Außenminister geeignet ist, sondern ob sie dem persönlichen Bild eines Außenministers entspricht. Anstatt fachliches Wissen anzueignen und zu prüfen, ob diese Person geeignet ist, wird also abgekürzt und lediglich unser „perfektes Bild“ eines Außenministers abgeglichen. Dieses „Ausweichmanöver“ wird als „Substitution“ bezeichnet.


Statistik liegt uns nicht

2 von 10 Taxis sind gelb und 8 von 10 Taxis sind rot

Wenn nacheinander 3 gelbe Taxis vorbei fahren, welche Farbe hat wohl das nächste Taxi?

Wir Menschen sind schlechte Statistiker und Bauchentscheidungen sind meistens falsch. Der Autor fordert in diesem Abschnitt dazu auf sich weniger auf die eigene Intiution und viel mehr auf messbare und belegbare Fakten zu verlassen. Konkret meint er damit zwei Referenzen: Die Basisrate, also ein statistischer Wert auf dem anderen Statistiken beruhen, und der Durchschnittswert, also der Wert zu dem bei längerer Beobachtung alles strebt.

Ein Beispiel dafür, ist das oben genannte Experiment. Wenn wir wissen, dass nur 2 von 10 Taxis gelb sind und 8 von 10 rot, nacheinander aber 3 gelbe Taxis an uns vorbei fahren sehen, dann erwarten wir, dass das 4te auch gelb sein wird. Statistisch gesehen ist es natürlich viel wahrscheinlicher, dass das nächste Taxi rot sein wird. Wir Menschen lassen uns aber oft von unserem momentanen Erleben leiten und ignorieren dabei die rationalen Fakten. Der Autor rät also sich an Basisrate und Durchschnittswert zu orientieren, immer die Fakten zu checken und ganz wichtig: Prognosen bedacht und in Ruhe treffen.

Die Formulierung macht den Unterschied

Ein Medikament schützt vor Krankheit X - es besteht aber eine 0,001 Wahrscheinlichkeit einer körperlichen Entstellung.

Ein Medikament schützt vor Krankeheit X - 1 von 1000 Patienten wird aber durch das Medikament körperlich entstellt.

Unser Gehirn lässt sich masgeblich von Formulierungen beeinflussen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass wir uns besonders von Zahlen in die Irre führen lassen. Wir schätzen die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos deutlich höher ein wenn diese in einer relativen Zahl angegeben ist. Dieses Phänomen nennt sich Nennervernachlässigung. Dabei lassen wir uns durch lebhafte Vorstellungen leiten, welche bei relativen Zahlen deutlich realer wirken.

Im oben genannten Beispiel wird dieses Phänomen deutlich. Beide Aussagen haben den gleichen Inhalt, dennoch erzeugt die zweite Aussage, durch Angabe in einer relativen Zahl, in unserem Kopf ein reales Bild eines entstellten Menschens.


Die Täuschung unserer Erinnerung

Patientengruppe 1: langer schmerzhafter Eingriff bei welcher der Schmerz gegen Ende nachlässt

Patientengruppe 2: kürzerer Eingriff, welcher mit starken Schmerz endet

In diesem Abschnitt geht der Autor darauf ein wie unsere Erinnerungen uns immer wieder täuschen. Zur Erklärung teilt er den Mensch in ein erlebendes und ein erinnerndes Selbst ein. Das erlebende Selbst nimmt Erfahrungen in der Gegenwart war und das erinnernde zeichnet die Erfahrung im nachheinein nach. Das erinnernde Selbst ist natürlich viel ungenauer, weil wir uns nie eins zu eins in eine Situation zurück finden können. Zwei wesentliche Aspekte verfälschen dabei unsere Wahrnehmung: Zum einen die Vernachlässigung der Dauer. Wir können Erlebtes rückblickend viel schlechter zeitlich einordnen oder abschätzen wie lang wir eine bestimmte Situation erlebt haben. Und zweites die Höchststand-Ende-Regel. Diese besagt, dass wir dem einde eines Erlebnis oft einen übermäßig hohen Stellenwert und eine gesteigerte Bedeutsamkeit beimessen.

Das oben aufgeführte Experiment beweist genau dieses Phänomen. Bei den beiden Patientengruppen gab im Nachhinein die, bei welcher der medizinische Eingriff mit einem großen Schmerz endet ein höheres Schmerzempfinden an, obwohl der Eingriff deutlich kürzer war. Das erinnernde Selbst rechnete aber dem Ende dieses Erlebnis einen höheren Stellenwert an.


Wir streben nicht nur nach maximalem Nutzen

Auto 1:
- effizenter Motor
- gutes Sicherheitsprotokoll

Auto 2:
- sieht toll aus
- weißt auf Dauer Qualitätsmängel auf

Wofür entscheiden wir uns?

In der Wissenschaftsgeschichte gingen Ökonomen immer von der Nutzentheorie aus. Sie besagt, dass der Mensch durch rationale Überlegungen immer die Entscheidung trifft, welche für ihn selbst den maximalen Nutzen bringt. Vorallem die Chicago School of Economics um Friedman vertrat diese Theorie und prägte dabei den Begriff Econ, welcher einen rein rational handelnden Mensch beschreibt. Doch nun ist längs klar, dass es rein rationales Handeln nur in der Theorie gibt. Menschen lassen sich von Intuition, Emotion und Bedürfnissen leiten und das führt oft zu Fehleinschätzungen. Der Autor begründet damit, dass rationales Handeln nicht in der menschlichen Natur liegt sondern viel mehr eine bewusste Entscheidung ist, welche mit viel Anstrengung verbunden sein kann.

Das oben genannte Beispiel gibt dieser Annahme ein konkretes Bild. Die beiden zur Wahl stehenden Autos haben unterschiedlich gute Qualitätsmerkmale. Auto 2 ist im Vergleich deutlich schlechter, sieht aber toll aus. Ein Econ würde sich hier in jedem Fall für Auto 1 entscheiden. Wir alle wissen aber, dass in der Realität auch Auto 2 einige Abnehmer finden würde.


Wir sind schlechte Verlierer

Szenario 1:
Start 1000€
+ 500€ oder
50/50 Chance auf +1000€

Szenario 2:
Start 2000€
- 500€ oder
50/50 Chance auf -1000€

Um dieser Theorie entgegen zu wirken stellt der Autor die neue Erwartungstheorie oder auch Prospect Theory in den Raum. Die berücksichtigt auch den irrationalen Aspekt unserer Entscheidungen und stützt sich dabei auf drei wesentliche Kernaussagen: Erstens, wir orientieren uns bei Bewertungen an Refernzpunkten. Das heißt wir vergleichen uns ständig mit anderen und ziehen daraus Schlüsse auf unser eigenes Leben. Zweitens, unsere Wahrnehmung wird vom Prinzip abnehmder Empfindlichkeit beeinflusst, was soviel heißt wie, dass wir Dingen die uns vermeindlich mehr betreffen immer einen höheren Stellenwert zurechnen. Und Drittens, wir haben eine Verlustaversion. Wir sind ganz schlechte Verlierer und streben immer nach einem Zustand des Gewinnens.

Dies wird im oben aufgeführten Experiment deutlich. Beide Szenarien haben den gleichen möglichen Ausgang. Bei der sicheren Variante 1500€, bei der Risikovariante entweder 2000€ bei Gewinn oder 1000€ beim Verlieren des Spiels. Trotzdem scheint Szenario 1 verlockender, da wir in jedem Fall gewinnen. Szenario 2 löst in uns das Gefühl von Verlust aus und dieses Gefühl kann unser Gehirn nicht ausstehen.


Fazit

Interessante Ansätze mit zu wenig Vertrauen in das menschliche Urteilsvermögen

Dr. Daniel Kahneman untersucht in diesem Buch sehr interessante psychologische Experimente und erläutert seine daraus erlangten Erkenntnisse plausibel und einleuchtend. Viele Aspekte sind dabei tatsächlich im Alltag anwendbar und der Leser kann die aufgezeigten Phänomene aktiv an sich selbst beobachten. Besonders positiv fällt auf, dass der Autor darüber hinaus auch noch sehr hilfreiche und themenbezogene Hinweise und Ratschläge gibt. Allerdings wird der Menschheit hier sehr wenig zugetraut. Das Emotionen, individuelle Bedürfnisse und Intuition als unbrauchbare Eigenschaften eingeordnet werden, fällt beim Lesen immer wieder negativ auf. Dennoch trifft der Autor bei der allgemeinen Fragestellung, ob und in welchem Rahmen Menschen eigenständig handeln können und sollen und wie viel Kontrolle über die Menschheit gut oder notwenig ist, einen Nerv.

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