RAUM UND ZEIT ist eine interaktive Ausstellung, die zum bewussten Umgang mit Zeit sensibilisieren soll. In drei Räumen, Lichtmelodien, Reizüberflutung und Gedankenwandern, wird das individuelle Zeitgefühl unterschiedlich erlebbar.



Die Ausgangssituation

Im Rahmen des Moduls »User Experience« wurde eine interaktive Ausstellung konzipiert, die ein gesellschaftskritisches und relevantes Thema behandelt. Die Ausstellung soll in den Räumlichkeiten des Kehlturms der Wilhelmsburg Ulm stattfinden. Das Hauptziel bestand darin, eine gute User Experience zu schaffen, bei der die Besucher aktiv einbezogen werden und eine bereichernde, informative und nachhaltige Erfahrung machen können. Ziel der Ausstellung ist es inspirierende und informative Erfahrung zu sammeln, Diskussionen über gesellschaftliche Themen und den Austausch zwischen Besuchern zu fördern.


Das Problem und die gesellschaftliche Relevanz

Die Wahrnehmung von Zeit variiert je nach Tätigkeit. Nicht alle fünf Minuten sind gleich. Wie wir unsere Zeit verbringen, hat jedoch einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität unseres Lebens. Die ständige Verfügbarkeit von Ablenkungen wie Smartphones und sozialen Medien führt zu einer Verschwendung von Zeit. Die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft führt zu Hektik und Zeitdruck, was dazu führen kann, dass Reflexion und Prioritätensetzung vernachlässigt werden. Die Folgen sind häufig Stress, geringe Produktivität, beeinträchtigte Beziehungen und das Gefühl, persönliche Ziele zu vernachlässigen.

»Wie können wir in einer schnelllebigen Gesellschaft den bewussten Umgang mit unserer Zeit wieder erlernen und die Verschwendung von Zeit reduzieren, um ein erfüllteres und ausgewogeneres Leben zu führen?«

Mögliche Lösungen

  • Bewusstwerden der Zeitnutzung
  • Selbstreflexion
  • Kontinuierliche Achtsamkeit und Disziplin
  • Reduzierung von Ablenkungen
  • Fokussierung auf Wesentliches
  • Bewusste Zeitplanung

Die Idee

Um die Besucher für ihren Umgang mit Zeit zu sensibilisieren und sie zur Selbstreflexion anzuregen, wurde eine interaktive Kunstausstellung konzipiert. Die Ausstellung besteht aus drei Räumen, in denen das individuelle Zeitempfinden auf unterschiedliche Weise erfahrbar gemacht wird. Die Zielgruppe umfasst alle interessierten Besucher des Kehlturms der Wilhelmsburg Ulm.

Die Besucher werden gebeten, ihre Zeit in den einzelnen Räumen selbst zu erfassen und in ein bereitgestelltes Booklet einzutragen. Das Booklet bietet auch ausreichend Platz um eigene Beobachtungen, Gedanken und Schlussfolgerungen festzuhalten.

Die drei Räume, Lichtmelodien, Reizüberflutung und Gedankenwandern, bieten den Besuchern unterschiedliche Herausforderungen und Impulse.

Raum 1 — Lichtmelodien

Der erste Raum, Lichtmelodien, verfolgt das Ziel einen Flowzustand durch hohe Konzentration zu erreichen und menschliche Interaktion zu fördern. Dies soll durch ein integriertes Spiel erreicht werden und damit die aktive und konzentrierte Nutzung von Zeit nahebringen. Das Ziel des Spiels besteht darin eine zuvor gezeigte Lichterabfolge mit Tonmelodien nachzuahmen.

Im Raum hängen 7 Lampen von der Decke und sind mit Berührungssensoren ausgestattet. Die Melodie mit Lichtabfolge wird einmal vorgespielt und der Besucher soll sie nachspielen: durch Berühren der Lampen wird ein Ton abgespielt und die entsprechende Lampe leuchtet auf. Jede Lampe ist dabei einem spezifischen Ton zugeordnet. Wenn die Lampen in der richtigen Reihenfolge nacheinander berührt werden und so die korrekte Melodie erklingt, folgt eine neue Melodie. Bei einem Fehler flackern alle Lampen und der Versuch wird erneut gestartet. Der Schwierigkeitsgrad variiert je nach Anzahl der Spielteilnehmer, wobei bis zu vier Personen gleichzeitig spielen können.

Raum 2 — Reizüberflutung

Im zweiten Raum geht es um die passive Zeitverschwendung, die mit reizüberflutenden Impulsen verbunden ist, um einen hohen Kontrast zu bieten. Animierte, audio-visuelle Inhalte verdeutlichen Digital Noise und Zeitverschwendung durch Social Media.

Um dies zu realisieren, werden die Animationen an die Wände projiziert. Die auditive Ebene unterstützt die Darstellung mit Störsignalen, Klingeltönen, vibrierenden Effekten und überlagerten Stimmen. Durch Spiegel an den Wänden und Böden entsteht eine erweiterte Projektionsfläche. Die Social Media Posts werden überlagert und räumlich gestaffelt dargestellt. Von Benachrichtigungen und Pop-ups verstärkt sich die Wirkung der soghaften Wirkung der Inhalt hin zu rasenden Bildern und Inhalten.

Raum 3 — Gedankenwandern

Der Raum des Gedankenwanderns schafft eine einladende und geschützte Umgebung, in der Besucher die Stille aushalten und bewusst zu eigenen Gedanken zum Thema Zeit aufgefordert werden. Körperumschließende Röhren, die von der Decke hängen, dienen als eine persönliche Reflektionskammer und eigenem (Zeit-)raum. Von einem diffusen, sanften Licht umgeben, herrscht innen eine beruhigende Atmosphäre, um sich vollständig auf die eigenen Gedanken konzentrieren zu können.

Eine vorbereitete Frage im Booklet regt zur kritischen Reflexion über die Ausstellung und das Thema Zeit an, wodurch die Besucher eingeladen werden, ihre eigenen Gedankenreisen zu erleben, abzuschweifen und der Reflexion Raum zu geben. Die Besucher können sich beispielsweise mit folgender Frage auseinandersetzten.

»Wenn du die Erlebnisse der drei Räume Revue passieren lässt, was fällt dir auf und wie würdest du dein persönliches Zeitempfinden beschreiben?«

Vorraum

Der Vorraum ist der Ort zur Zeitmessung. Er besteht aus Aufstellwänden und einem Vorhang, der den Zugang zum Raum ermöglicht. An den Aufstellwänden sind Stoppuhren aufgehängt, wobei die Anzahl je nach Raum variiert. Vor Betreten des Raums startet der Besucher eine Uhr, bei Verlassen stoppt er sie. Seine verbrachte Zeit notiert er sich in sein Booklet.

Zusätzlich sind die Booklets ausgelegt, begleitet von einem Kugelschreiber, um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, Informationen festzuhalten oder Gedanken zu notieren. Des Weiteren gibt es Hinweise zur Zeitstoppung, um die Besucher daran zu erinnern, ihre Zeit in den verschiedenen Räumen zu stoppen und ihre Erfahrungen festzuhalten.

Zeitmessung

Im Vorraum jedes Raums stehen analoge Stoppuhren zur Verfügung, die individuell gestartet werden können. Die Anzahl der Uhren entspricht der Anzahl der erlaubten Personen im Raum. Die Uhren sind farblich gekennzeichnet, um den Besuchern Orientierung zu geben und zu signalisieren, welche Uhr sie nutzen können.

Beim Verlassen des Raums werden die angezeigte Zeit auf den Stoppuhren sowie Gedanken oder Eindrücke in das Booklet eingetragen. Diese Zeitmessung dient dazu, später einen besseren Vergleich zwischen den Räumen zu ermöglichen und auch eine bessere Einschätzung der tatsächlich vergangenen und gefühlten Zeit zu erhalten. Dadurch können Besucher ihre Erfahrungen besser reflektieren und vergleichen.

Onboarding

Das Onboarding in der Ausstellung erfolgt in einer speziellen Nische mit einem Stehtisch. Dort befindet sich ein Roll-up mit einer Anleitung zur Ausstellung in mehreren Schritten. Das Onboarding bietet den Besuchern Orientierung, Hilfestellung und erzeugt Aufmerksamkeit sowie Interesse.

Des Weiteren gibt es Aufsteller mit Booklets und Kugelschreibern. Das Booklet schafft einen roten Faden durch die Ausstellung, erklärt den Kontext und ermöglicht den Besuchern, ihre Gedanken und Zeiten einzutragen. Es dient als Begleiter, der die Besucher durch die Ausstellung führt und ihnen eine strukturierte Erfahrung bietet.

Social Media

Im Rahmen der Ausstellung »RAUM UND ZEIT« wird ein Austausch und Diskussion angeregt, sowohl während des Besuchs als auch über Social Media. Hierfür wurde der Hashtag #ZeitBewusstErleben ins Leben gerufen. Besucher haben die Möglichkeit, ein Social Media Template über den QR-Code auf der Rückseite des Booklets auszufüllen. Das ausgefüllte Template wird anschließend per E-Mail an die Besucher geschickt, um es für die eigene Aufbewahrung oder Veröffentlichung zu verwenden. Diese interaktive Funktion ermöglicht es den Besuchern, ihre Erfahrungen und Gedanken zum Thema Zeit mit anderen zu teilen und eine weiterführende Diskussion online zu führen.

Prozess und Umsetzung

Die Gruppe führte eine Ideensammlung durch und nutzte Moodboards und grobe Skizzen, um verschiedene Konzepte zu visualisieren. Bei Diskussionen lag der Fokus auf der Verbesserung der User Experience durch Onboarding, Booklet und die Wahl der besten Methode zur Zeitmessung. Das Ergebnis umfasste die Umsetzung der Räume mittels 3D-Modellierung, die Gestaltung von Printmedien und Mockups, die Erstellung einer thematischen Animation zur Reizüberflutung sowie die Entwicklung passender Soundeffekte für das Lichtmelodien-Spiel.

Es wurden mehrere Alternativen für ein Minimal Viable Product (MVP), den Mittelweg und ein High Value Product (HVP) entwickelt, wobei das MVP schließlich umgesetzt wurde. Zudem erfolgte eine Kostenkalkulation für alle drei Optionen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Durch diese umfassende Planung und Zusammenarbeit konnte ein gelungenes Konzept für die Ausstellung entwickelt werden, das sowohl die künstlerische Gestaltung als auch die Nutzererfahrung berücksichtigt.

Gestaltung

Das Auftreten und die Sprache der Gestaltung ist freundlich und eher spielerisch. Geometrische Formen und flächiger Einsatz von lautstarken Farben sorgen für eindeutige Kontraste und somit für eine hohe Prägnanz und Aufmerksamkeit. Die gewählte Schriftart »Sofia Pro« begünstigt den gewünschten Stil und bietet eine entsprechende Lesbarkeit.

Die plakativen, handgezeichneten Illustrationen und Icons veranschaulichen die textliche Ebene und unterstützen gewünschte Designanmutung. Die drei Primärfarben Gelb, Violett und Blau dienen als Farbcodierung für die drei unterschiedlichen Räume der Ausstellung und schaffen somit Orientierung für die Besucher.

    Fazit

    Das Modul »User Experience« hat uns dazu befähigt, das Design und die Nutzererfahrung bewusst zu betrachten und Methoden anzuwenden, um die Zufriedenheit und das Engagement der Besucher zu steigern. Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe zu verstehen und in den Gestaltungsprozess einzubeziehen. Durch die Anwendung dieser Prinzipien konnten wir ein Ausstellungskonzept schaffen, welches nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch dazu anregt, über das Thema Zeit nachzudenken und den eigenen Umgang damit zu reflektieren.

    Raum 1: Lichtmelodien

    Raum 2: Reizüberflutung

    Team

    Michaela Braun, Lenz Gunzenhäuser,
    Janine Knoll, Joschka Kreusser

    Betreuung

    Prof. Damian Gerbaulet