Abstract

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit möchte ich eine spielerisch interaktive Anwendung konzipieren und gestalten, die Stereotypen-Denken sichtbar(er) macht und eine offenere Kommunikationskultur für junge Menschen, insbesondere Frauen, anstrebt.

Gerade Tabuthemen, die den weiblichen Körper betreffen, entstehen durch eine Kombination aus Scham und auferlegten Geschlechterrollen, die noch mehr Unsicherheiten schüren.

Ein soziales Deduktionsspiel bildet die Grundlage für das Spielkonzept. Dabei werden Inhalte, Stereotype und Tabuthemen zielgruppengerecht recherchiert und aufbereitet. Neben der Ausarbeitung des Spielekonzepts werden auch die grafischen Inhalte und Komponenten erstellt und sowohl digital als auch analog realisiert.

Mit diesem Konzept möchte ich konservatives Stereotypen-Denken vorführen und gewissen Tabuthemen eine weiterführende Plattform schaffen, damit diese in Zukunft hoffentlich besser kommuniziert und langfristig enttabuisiert werden können.

Was genau sind eigentlich Geschlechterstereotype?

Im Allgemeinen bestimmen Geschlechterstereotype, wie sich Männer und Frauen aufgrund ihres Geschlechtes verhalten sollen – d.h. wie sie sich anziehen, wie sie handeln und vor allem über was und mit wem sie sprechen sollen und dürfen. Obwohl Geschlechterstereotype für verschiedene Geschlechter existieren, litten Frauen häufiger in der Geschichte unter dem Einfluss von klassischen Geschlechterrollen und Unterdrückung.

Während sich die stereotypen Erwartungen bei Männern mehr um Kompetenz, Stärke und Präsenz drehen, wird bei den Frauen meist eine emotionale und weinerliche Art assoziiert. Demnach würden alle Frauen Drama, Lästereien, Schminke und Klamotten mögen. Und während der Mann arbeiten geht, passt sie zuhause auf die Kinder auf und kümmert sich um den Haushalt.

Daraus entstandene hierarchische Strukturen führten zu Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen in unserer Gesellschaft.

Sprache und Kommunikation

Die Macht der Sprache. Sie beeinflusst unser Denken und Handeln. Gleichzeitig kann Sprache diskriminierend sein und jahrelange Auswirkungen mit sich tragen. Nicht umsonst gewinnt die Genderdebatte immer mehr an Aufmerksamkeit, um möglichen Diskriminierungen ein Ende zu setzen.

Positive und negative Konnotation der Geschlechtsteile

  • „Don't be such a pussy.“ / „Sei nicht so eine Pussy.“
  • „You've got balls.“ / „Du hast echt Eier.“

Die Vagina wird sprachenübergreifend immer wieder als Metapher für Schwäche verwendet. Im Vergleich dazu, werden männliche Geschlechtsteile als Metapher für Stärke und Mut verwendet.

Was sind Tabuthemen?

Neben eben erwähnten Differenzen zwischen femininen und maskulinen Wörtern in unserer Sprache, gibt es auch weitere stillschweigend praktizierte gesellschaftliche Regelwerke und geschlechterabhängige Unterschiede in der Kommunikation miteinander: Tabuthemen.

Tabuthemen sind gesellschaftlich und kulturell bedingte Normen und Regelwerke, welche die Kommunikation über ein bestimmtes Thema verhindern. Oft ist dies verbunden mit einer emotionalen Blockade.

Gerade unter Frauen existieren noch sehr viele schambehaftete Themen, die weitgehend tabuisiert sind. Meist geht es dabei um den weiblichen Körper. Die Kombination aus Scham und der gesellschaftlich erteilten Geschlechterrolle führen mitunter zur Entstehung solcher Tabuthemen.

Durch das Beziehungsmodell der Ehe, patriarchale Strukturen, Religion und Stigmatisierung entwickelte sich die weibliche Sexualität sowie andere Themen rund um den weiblichen Körper zu schambehafteten Tabuthemen, die mit der an schreitenden Emanzipation leider immer noch nicht gelöst sind.

Projektbeschreibung

Die Grundlage meines Projektes soll das Problem an der Wurzel packen – nämlich der Diskussion miteinander. Aus diesem Grund entwickelte ich, auf Grundlage bekannter Spielkonzepte sozialer Deduktionsspiele, ein Rollenspiel, bei dem die Spieler:innen auf indirektem Wege dazu aufgefordert werden, über Stereotype und Tabuthemen zu diskutieren, zu argumentieren und Positionen zu beziehen.

Spielerisch soll den Anwender:innen die Macht der Stereotype und Rollenbilder auf unser Denken bewusst werden. Die Spieler:innen sollen dabei in ihre jeweilige zugeteilte Rolle schlüpfen und durch Empathievermögen vermeintliche Hemmschwellen besser überwinden.

In einer Diskussion im Anschluss des Spiels wird den Spieler:innen Raum gegeben, außerhalb der eingenommenen Rolle, über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie während dem Spiel gemacht haben, zu berichten.

Das Projekt soll die folgenden Komponenten beinhalten:

1. Spielkonzept

Funktionierendes Spielprinzip

In sozialen Deduktionsspielen wird ein anfangs unbekannter Sachverhalt durch logische Schlussfolgerungen aufgedeckt. Grundlage einiger Rollen und Spielfluss bilden bekannte soziale Deduktionsspiele, wie bspw. „Werwölfe im Düsterwald”. Das Spielkonzept soll thematisch fundiert ausgearbeitet sein und im Spielfluss funktionieren.

2. Illustrierte Spielkarten

Individuelle Rollen

Ansprechend illustrierte Rollenkarten bilden die haptische Hauptkomponente des Projektes.
Sie sollen einem einheitlichen Stil entsprechen, der sich im gesamten Gestaltungsprozess widerspiegelt. Typografie und Farbgebung werden gezielt ausgewählt und auf einem klaren Kartenlayout angewendet.

3. Anleitung/Booklet

Spielerklärung und Vision

Eine vollumfängliche Anleitung des Spielprinzips, inklusive detaillierte Rollenbeschreibung sowie Abbildungen, sollen in einem kleinen, handlichen Booklet zu finden sein. Weiter sollen die Leser:innen auch die Möglichkeit haben, die Vision hinter dem Spiel durchlesen zu können und einige Fakten nachzuschlagen.

4. Animation

Kurze Anleitung des Spielprinzips

Unerfahrenere Spieler:innen, die vorher noch nie ein soziales Deduktionsspiel gespielt haben,
werden von den vielen verschiedenen Eindrücken vermutlich erstmal überrannt werden. Daher soll eine kurze Animation über das Grundprinzip des Spielprinzips einen groben Überblick darüber geben.

5. Social Media

Ansprechende Marketingmaßnahme

Um die Zielgruppe junger Frauen und Männer besser erreichen zu können wird ein Instagram Profil angelegt und ein ansprechendes und außergewöhnlicheres Layout erstellt. Die Beiträge sollen die verschiedenen Komponenten des Projektes (Karten, Package-Design) ästhetisch abbilden.

6. Package

Design der Kartenverpackung

Auch die Gestaltung der Verpackung soll für eine kongruente Veranschaulichung visualisiert
werden. Logo, Illustrationen, Typografie und Farbgebung bilden auch hier die Grundelemente für das Design.

Das Spielprinzip

Hintergrund

Play like a Pussy ist ein soziales Deduktionsspiel für zwei gegnerische Gruppierungen:
die
Stereotypen-Gesellschaft und die Tabuthemen.

Jeden Mittag trifft sich eure „typische“ Frauen-Bubble zum Kaffeeklatsch (Offline-Phasen). Ganz nach dem Motto „spill-the-tea“ tauscht ihr untereinander die neuesten Informationen aus. Es finden allerdings nie tiefgründigere Gespräche statt, denn Tabuthemen haben in eurer konservativen Runde aus Schamgründen keinen Platz. Jede Rolle erweckt nach Außen hin den Anschein, das „typische“ Image zu bewahren, welches einem von der Gesellschaft auferlegt worden ist.

Unterdessen wollen die Tabuthemen die oberflächliche Stereotypen-Gesellschaft im Geheimen infi ltrieren. In anonymen Online-Phasen versuchen die Tabuthemen gefährliche Tabu-Informationen über einzelne Personen im Internet öffentlich zu machen, wodurch diese von der Gesellschaft denunziert und eliminiert werden.

Als Gesellschaft müsst ihr sie finden und wieder auf die Schweigeliste setzen, bevor alle Stereotype von den Tabus infiltriert und eliminiert werden.

Warum gerade Frauen? Meine Vision

In den letzten Jahren sprechen wir viel über Individualismus, Freiheiten und Entfaltung. Und trotzdem formt unsere Gesellschaft seit Jahrhunderten Geschlechterstereotype, die bestimmen, wie sich Frauen und Männer verhalten, was sie anziehen und über was sie sprechen sollen und dürfen. Vor allem Frauen wurden im Laufe der Geschichte unterdrückt, weshalb ich mich dazu entschieden habe, Frauen als Protagonistinnen meines Spiels sichtbar(er) zu machen.

Das Bild einer Frau ist geprägt von Vorurteilen, Voreingenommenheiten und Aversionen. Gerade Tabuthemen, die den weiblichen Körper betreffen, entstehen durch eine Kombination aus Scham und Geschlechterrollen, die noch mehr Unsicherheiten schüren.

Anders als bei den Referenz-Spielen soll dieses Spiel augenzwinkernd gespielt werden. Die Grundgesellschaft soll eben erwähntes konservatives Denken, mit Orientierung an traditionellen Werten und Stereotypen-Denken, repräsentieren und widerspiegeln.

„Ich will meine Stereotype behalten!
Schublade auf – Schublade zu“

Danach ist die soziale Umwelt aufgeräumt und wir können uns wieder unserem Kaffeeklatsch widmen. Das „typische“ Establishment versucht, alle kontroversen Tabuthemen aus der Gesellschaft zu eliminieren und auf eine Schweigeliste zu setzen.

Durch einige Testspielphasen kam ich zu der Erkenntnis, meine Vision mit Hilfe von umgedrehter Psychologie umzusetzen. Zwar richtete sich die Argumentation während der Testspiele immer gegen die Aussprache von Tabuthemen – ABER: es wurde darüber gesprochen. Dieser Tatsache soll in der Diskussion am Ende des Spiels Rechnung getragen werden: durch eine kritische Reflexion über das Spielgeschehen sollen Stereotype aufgezeigt und eine hoffentlich nachhaltige offenere Gesprächskultur etabliert werden.

Dabei möchte ich natürlich nicht ignorieren, dass Stereotype auch bei anderen Geschlechtern präsent sind und negative Auswirkungen mit sich ziehen. Vielleicht könnte ein nächstes Spiel „Play like you have balls“ eine kleine Spielerweiterung davon sein ;)

Autorin

Jennifer Beifuss

Betreuung

Prof. Damian Gerbaulet
Prof. Dr. Annika Halder