ZIELSETZUNG

Grundidee ist das klassische Kinderbuch als solches in Frage zu stellen und neu zu interpretieren. Eine kritische Auseinandersetzung mit Inhalten und der Gestaltung von aktuellen und früheren Kinderbüchern, sowie den Möglichkeiten und dem Potential von neuen Medien und Techniken sollen dabei als Grundlage der Recherche dienen. Im Fokus soll insbesondere die Interaktion der LeserInnen mit dem Buch stehen. Also eine Gestaltung, welche über die herkömmliche rein schriftliche und bildliche Darstellung hinaus geht. 

Ein besonderes Anliegen dabei ist auch das Brechen mit Stereotypen und veralteten und überholten Ideologien, sowie das Entwickeln einer kindgerechten Sprache im Hinblick auf Diversität und Gleichberechtigung. Auch diesbezüglich soll das permanente Berücksichtigen von möglichen und geeigneten Interaktionen im Mittelpunkt stehen.

RECHERCHE

ROLLENKLISCHEES

Kinderbücher stellen noch nicht die gesellschaftliche Wirklichkeit dar und tragen so zur Vermittlung einer falschen Normvorstellung bei. Sie sind also in jedem Fall Beeinflussung und prägen die Geschlechterwahrnehmung. Es besteht ein offensichtlicher Handlungsbedarf.

Es gibt einige Studien, welche sich mit Rollenklischees in Kinderbüchern der letzten 50 Jahre intensiv auseinandergesetzt haben. Ein Punkt tritt dabei immer wieder besonders hervor: Die Unterrepräsentation von Frauen, vorallem in Hauptrollen. Ihnen werden klassischerweise Nebenrollen als passive Mitläuferinnen oder Hausfrauen zugesprochen, während Jungen und Männer aktive Führer darstellen, die Karriere machen.
( Sommeregger 2014, S. 15-16; 27 )

Es mangelt aber auch an der Repräsentation von sensiblen oder schüchternen Jungen. Die Darstellung von stereotypischer Männlichkeit ist immer noch sehr stark vertreten und vermittelt Kindern das Bild, dass Jungen keine Schwäche zeigen dürfen.
( Sommeregger 2014, S. 29 )

DIVERSITÄT

Darstellung von Diversität, also Vielfalt, bedeutet das Einbeziehen von allen. Es muss also auch die Rede von Interkulturalität und von Inklusion sein. Diversität umfasst außerdem alt und jung, dick und dünn, groß und klein. Und sie vermittelt im besten Fall das Bild einer bunt gemischten Vielfalt von welcher sich jede/r angesprochen fühlt.

Wirft man einen weiteren Blick auf die Studien über Rollenklischees in Kinderbüchern, fällt auf, dass es im Verlauf der letzten Jahre eine offenere Darstellung von Familien gibt. Immer häufiger werden Themen wie Scheidung, Patchworkfamilien oder Alleinerziehung thematisch behandelt. Allerdings fällt dabei ganz besonders auf, dass sich diese Darstellungen immer noch an der Heteronormativität als Ideal orientieren. Thematisierung von Homosexualität und gleichgeschlechtlichen Elternteilen sind, auch in der heutigen Zeit noch immer Tabuthemen. Gerade im Zusammenhang mit der vermeindlichen Toleranz, indem alternative Familienmodelle akzeptiert werden, vermittelt dies den Eindruck alles sei möglich, nur keine Homosexualität.
( Gellenbeck 2012, S. 42 )

»Ich wünsche jedem Kind, dass es ein paar Mal, am rechten Ort und zur rechten Stunde die rechte Geschichte erzählt bekommt.«

Ottfried Preußler, Kinderbuchautor

KONZEPTION

STORY

Für die Konzeption der Story wurde die Referenz Der Drache, geschrieben von meiner Mutter Angela Festini, analysiert und deren dramaturgischer Aufbau grafisch aufbereitet. Es handelt sich dabei um ein klassisches Kinderbuch, bei welchem auf Grundlage der Recherche einige Schwachstellen ermittelt werden konnten.

Es ergaben sich zwei wesentliche Änderung. Zum einen die Umkehrung von Geschlechterrollen der Protagonisten und zum Anderen die Veränderung des Handlungsverlaufes. Dadurch wurde die Geschichte wesentlich modernisiert und aus einer klassischen Heldengeschichte ohne Wendepunkt wurde eine spannende Erzählung mit pädagogischem Mehrwert.

Die Veränderungen der Charaktere hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gesamtwirkung der Geschichte. Diese bestimmen maßgeblich die Stimmung und den Eindruck des Buches. Mit der weiblichen Protagnostin Nora werden zunehmend Mädchen angesprochen und mit der Figur des Elias werden vermeindlich weibliche Attribute bei Männern positiv hervorgehoben.

Durch die Änderung des Endes wird der Geschichte im neuen Buch mehr Tiefe verliehen. Es ermöglicht einen Wendepunkt im letzten Drittel der Geschichte und damit auch eine moralische Aussage. Das Ungeheuer sieht sich dabei selbst im Spiegel und erkennt wie schrecklich es aussieht. Gleichzeitig erkennt das Volk dessen verletzliche Seite. Diese Änderung verstärkt die gezielte Gesamtaussage, Rollenzusprechungen bewusst aufzuheben. Außerdem vermittelt es Werte wie Selbstreflexion und Toleranz.

INTERAKTION

Cut-Outs sollen das gestalterisch hochwertige und durchdachte Konzept des Buches intensivieren und dabei bewusst digitale Medien und damit verbundene Voraussetzungen vermeiden. Der Grundaufbau des Buches soll also ohne das Hinzufügen von externen Geräten, Strom oder Internet möglich sein und somit für jeden uneingeschränkt zugänglich sein. Der effektive und interessante Einsatz von Licht und Schattenbildern soll außerdem integriert werden. Dabei kann für das Erzeugen von Licht- und Schattenbildern jede Lichtquelle verwendet werden.

Auf das erweiternde Erleben des Buches durch digitale Medien soll aber nicht ganz verzichtet werden. Eine zum Buch erstellte Website soll das Abspielen von atmosphärischen Audios ermöglichen und damit die Handlung auditiv unterstützen. Die Verknüpfung der URL soll mittels QR-Code am Anfang des Buches möglich sein. Im weiteren Verlauf der Geschichte könnten dann dezente Hinweise auf das Weiterschalten der Audios auf der Website aufmerksam machen. So muss der QR-Code nur einmal platziert werden und stört das Gesamtbild nicht. 

Desweiteren soll mit der prototypischen Umsetzung von AERO Augemented Reality ein Blick in die Zukunft gewagt werden. Da die Beta Version unzuverlässig funktioniert, wird dieses Technik aber nur an einer Stelle im Buch eingebaut und soll auch die Handlung nicht beeinflussen. Das Buch soll also auch ohne das Abspielen verständlich sein und dennoch einen innovative Benefit erhalten.

GESTALTUNG

STYLEGUIDE

Beginnend mit der Farbe, wird wie bereits erwähnt nur ein einziger Farbton verwendet. Dieser wurde auf den Hexadezimalcode #0303A7 festgelegt und entspricht der Pantone Blue 072C. Die benutzte Farbe wurde außerdem aus einer Farbplatte für Farbenblinde entnommen und ist so uneingeschränkt und für alle gleich sichtbar.

Der Text wird, bis auf einige wenige handgeschriebene Wörter, mit der Schrift Helvetica Neue Regular geschrieben. Sie ist schlicht und serifenlos und unterstützt die minimalistische Gesamtwirkung. Bei farbigem Hintergrund wird weiße Schrift verwendet und bei weißem Hintergrund wird die Schrift im ausgewählten Blauton verwendet. So entsteht eine Verbindung von Typografie und Illustration.

Des Weiteren wurden für den Stil der Illustrationen zwei unterschiedliche zu verwendende Pinsel ausgewählt. Der erste imitiert einen Aquarellpinsel und erzeugt somit die künstlerische handgemalte Wirkung. Ein weiterer Pinsel mit harten Kanten sorgt für eine klare Abtrennung von Elementen und den dadurch erzeugten Positiv-Negativ-Effekt. Mit diesem Pinsel werden weiße Linienillustrationen auf blauem Hintergrund gezeichnet.

Im Buch finden sich einige Icons, welche auf die Interaktionsmöglichkeiten hinweisen. Dabei gibt es Hinweise zum Weiterschalten der Audios, zum aktiven Erkunden der Seite mit den Händen, zum Aufrufen der Augmented Reality und Hinweise, welche auf ein Benutzen der dem Buch beigelegten Gegenstände aufmerksam machen.

ILLUSTRATIONEN

Die Illustrationen sind inhaltlich sehr stark an den Illustrationen der Referenz orientiert, auch wenn sie bildlich oft andere Darstellungen enthalten. Zusätzliche Illustrationen werden immer dann eingefügt, wenn sie für die Interaktion notwendig sind oder wenn Inhalte der Geschichte geändert wurden. Technisch sind alle Illustrationen unter Verwendung von Procreate digital gezeichnet. Mehrere Versuche haben gezeigt, dass eine Vektorisierung stilistische Einbußen mit sich bringt. Dies liegt vor allem an dem gewählten Artstil und die dafür verwendeten Pinsel. Deshalb werden alle illustrativen Darstellungen und Hintergründe auf Arbeitsflächen angelegt, welche die doppelte Größe der Ausgabegröße haben. Somit reicht die Auflösung aus. Da nur einer der beiden Pinsel beim Vekorisieren Einbußen aufweist, wurden die Illustrationen in Ebenen aufgeteilt, und die grafischen Darstellungen des anderen Pinsels vektorisiert. So ergab sich beim Zusammenfügen der Ebenen ein optimales Ergebnis.

Stilistisch sind sie am Styleguide orientiert und verbinden durch den einheitlichen Stil die Seiten im Buch optisch miteinander. Die Abstraktion der Darstellungen regt die Fantasie an und wirkt außerdem der bunten Reizüberflutung, welche von üblichen Spielsachen ausgeht, entgegen. Der Stil soll außerdem handgemacht wirken, um einen Bezug zur Referenz darzustellen. Außerdem können sich Kinder mit solchen absichtlich unperfekten Abbildungen besonders gut identifizieren, da es sie an ihre eigenen Zeichnungen erinnert.

WEBSITE

Die Website ist auf das Wesentliche reduziert und kommt ganz ohne gestalterische Elemente, wie Illustrationen, aus. Diese bewusste Entscheidung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Funktion und verhindert das zu lange Verweilen auf der Seite. Die digitale Verknüpfung soll übersichtlich und schlicht sein. Sie dient als Medium zum Abspielen der Audios und soll nicht vom Buch ablenken. Da das Buch nicht für alle zugänglich sein wird, ist außerdem das Herunterladen eines E-Books über die Website möglich. Die Druckvorlage wurde dafür für die Webansicht angepasst und haptische, nur im Buch verwendbare Interaktionen wurden illustrativ ersetzt. Somit kann über die Website die digitale Version des Buches heruntergeladen und dann ebenfalls mit atmosphärischen Audios gelesen werden. Es bleibt also über mehrere Sinne erlebbar.

Noras Website

PROTOTYP

FERTIGSTELLUNG

Der Druck eines rein digital erstellten Buches ist wohl der entscheidendste Prozess der Gestaltung, da hier der kritische Wandel von digital in analog stattfindet. Es Bedarf einer Reihe an Probedrucken um die geeignete Bindung, die optimale Farbgebung und das beste Papier für das Buch herauszufinden.

Nach dem Druck folgt unter akkurater Feinarbeit die Fertigstellung des Buches. Die vorher markierten Schnittlinien werden vorsichtig herausgetrennt oder ausgeschnitten. Seiten werden an Klebeflächen zusammengeklebt und es werden Papierelemente erstellt, welche an gekennzeichneten Flächen im Buch platziert werden. Besonders die Seiten, welche zum Erstellen von Licht- und Schattenbildern dienen, sind unter großem Aufwand erstellt und bestehen aus einer Vielzahl von feinen Schnittmustern.