In einer zunehmend digitalisierten Welt dominiert das Smartphone die urbane Kommunikation. Doch diese ständige Verbindung hat ihren Preis: Fragmentierte Aufmerksamkeit, digitale Vereinsamung und eine tiefgreifende Abhängigkeit von privaten Endgeräten prägen unseren Alltag.
Dieses Projekt denkt 5–10 Jahre in die Zukunft und stellt eine radikale Frage:
Wie kann urbane Kommunikation in einer Smart-City funktionieren, wenn mobile Endgeräte vollständig verschwinden?
Relevanz in der heutigen Zeit
Wieso ist das Thema relevant? Smartphones verursachen zahlreiche Unfälle, weil Menschen im Straßenverkehr abgelenkt sind. Menschen starren auf ihre Handys und überqueren Straßen ohne auf den Verkehr zu achten. Ebenso Autofahrer, Fahrradfahrer und E-Scooter-Fahrer, die nur mit einer Hand fahren, riskieren solche Unfälle.
Smartphones erhöhen nicht nur die Unfallgefahr, sie sind auch Schuld daran, dass wir Menschen an direkter Kommunikation und sozialer Nähe verlieren. In der Stadt leben viele Menschen auf engem Raum – aber viele öffentliche Räume wie Haltestellen, Parks oder Cafés bleiben still, da jeder auf sein Handy fokussiert ist. Selbst Gespräche mit Fremden oder spontane Interaktionen gehen verloren. Das »urbane Miteinander« stirbt, Anonymität nimmt zu und die Einsamkeit wächst, obwohl wir Menschen überall sind.
Das Smartphone veändert, wie sich Menschen im öffentlichen Raum verhalten. Menschen stehen oder sitzen überall mit starrem Blick nach unten an Haltestellen, Treppen oder Gehwegen. In der heutigen Zeit wissen nur noch wenige, wie man sich ohne Handy orientiert, sei es mit Stadtplänen oder Schildern. Es werden auch keine Passanten mehr gefragt, da das Handy das auch alles kann. Durch den ständigen Blick auf das Handy werden die Menschen auch unaufmerksam und das führt zu Chaos. Menschen stehen mitten im Weg, bleiben abrupt stehen oder verursachen Engstellen.
Die Stadt ist sehr reizintensiv – Geräusche, Lichter, Menschenmengen und Smartphones verstärken das ohne, dass der Mensch das merkt. Man bekommt ständig neue Informationen, Nachrichten und Werbung angezeigt. Das führt zu digitalem Stress, Unruhe und Unkonzentriertheit. Wobei Ruhe und Orientierung in Städten wichtig wären. Menschen leben mehr in der digitalen Welt als in der physischen. Das untergräbt die Funktion der Stadt als Ort der Begegnung und Gemeinschaft.
Um dem entgegen zu kommen, haben einige Städte schon Gegenmaßnahmen entwickelt.
In Augsburg und in Köln werden zum Beispiel schon Bodenampeln genutzt, um abgelenkte Fußgänger davon abzuhalten bei Rot über die Straße zu gehen.
In Honolulu (USA) herrscht ein Verbot von Handy-Nutzung beim Überqueren von Straßen und in Tokio hängen Warnschilder an Bahnhöfen gegen das starren auf Handys, da Menschen häufig auf die Gleise stürzen.
Diese Beispiele verdeutlichen, warum die Reduktion der Handynutzung ein hochaktuelles und relevantes Thema ist. Daraus ergibt sich die zentrale Frage, wie sich die damit verbundenen Probleme wirksam umgehen lassen. Als Denkansatz dient ein Extrembeispiel: Wie könnte eine Stadt aussehen, in der Smart- phones vollständig durch alternative Kommunikationsformen ersetzt werden?
Unsere Lösung
Eine Stadt, die selbst kommuniziert – durch KI- gestützte, multisensorische E-Ink-Displays, integriert in urbane Elemente wie Laternen, Mülleimer und Türen. Die Idee ist es dabei eine Stadt zu entwerfen, in der die physische Umgebung zum Interface wird. Kein Smartphone, kein Bildschirm in der Hand – sondern geteilte, situationsbezogene Interfaces im öffentlichen Raum.
Die Displays erscheinen nur, wenn sie gebraucht werden. Sie kommunizieren visuell, akustisch und haptisch – barrierearm, datensparsam und kontextsensibel. Außerdem soll die Stadt für jeden einen Informationszugang bieten, unabhängig von Einkommen, Alter oder technischer Affinität.
Dabei stellen sich die Fragen, wie sich das Verhalten von Personen verändert, wenn Kommunikation körperlos und allgegenwärtig wird und ob der öffentliche Raum dadurch inklusiver oder kontrollierter wird.
Um diese Fragen zu erforschen, dient folgende Leitfrage:
»Wie kann urbane Kommunikation in einer Smart City durch KI-gestützte, multisensorische Infrastruktur so gestaltet werden, dass mobile Endgeräte vollständig ersetzt werden, ohne dabei die Informationsqualität oder Zugänglichkeit für Nutzer zu beeinträchtigen?«
Meinungen zum Zurechtfinden in der Stadt
Im ersten Schritt wurde somit zuerst das Themengebiet eingegrenzt und Themen wie digitaler Minimalismus, permanente Vernetzung, Datenschutz, autonome Interfaces, Zugänglichkeit und Inklusion besprochen. Dazu wurden Recherchen getätigt und Umfragen durchgeführt.
Um eine möglichst breite Palette an Problemen und Aspekten abzudecken, wurde eine Umfrage entwickelt, die von 15 Personen im Alter von 18 bis über 50 Jahren beantwortet wurde. Dabei wurden unter anderem folgende Fragen gestellt:
• Wie findet man sich als Fußgänger in der Stadt zurecht?
• Was stört dich wenn du durch die Stadt läufst?
• Findest du dich ohne Smartphone in einer Stadt zurecht?
• Wie findest du heraus, welchen Bus du nehmen kannst?
• Wie erfährst du von Verspätungen im öffentlichen Raum?
• Wie suchst du nach guten Restaurants?
• Wofür benutzt du dein Handy in der Stadt?
• Wie wichtig ist dir Datenschutz im öffentlichen Raum?
• Findest du es in Ordnung, wenn du überall getrackt wirst?
• Welche Informationen braucht man in der Stadt?
Es wurde deutlich, dass Handys vor allem zur Orientierung und zur Informationsvermittlung genutzt wurden. Somit stellt sich die Frage, ob eine Stadt ohne Smartphones überhaupt möglich.
Speculative Design
Ziel dieses Projekts ist es, ein spekulatives Design zu entwerfen, das ein alternatives Szenario zu unserer heutigen, von Smartphones dominierten Realität zeigt. Statt ständiger Ablenkung durch Bildschirme und zunehmender digitaler Vereinsamung stellt dieses Szenario eine Stadt vor, in der die physische Umwelt selbst zur Informationsquelle wird. Gebäude, Straßen und Plätze übernehmen die Funktionen, die heute unsere mobilen Geräte erfüllen. Keine Displays mehr in der Hand – stattdessen entstehen gemeinsam nutzbare Interfaces im öffentlichen Raum, die das soziale Miteinander fördern und eine bewusstere, geteilte Nutzung von Informationen ermöglichen.
Dabei kommen folgende Fragen auf, die in diesem Projekt aufgegriffen werden.
• Was passiert mit meiner Privatsphäre, wenn der Raum mich kennt?
• Wie verändert sich soziales Verhalten, wenn Kommunikation mit der Stadt körperlos geschieht?
• Wird der öffentliche Raum dadurch inklusiver – oder kontrollierter?
Eine voraussichtlich positive Zukunft wäre dabei, dass jeder Mensch Zugang zu diesen Informationen hat, unabhängig von Einkommen, Alter oder technischen Fähigkeiten und das man seine Umgebung wieder wirklich wahr nimmt.
Im Gegensatz dazu, wäre eine kritische Version, eine Infrastruktur, die zur Überwachungsmaschine wird, in der Bewegungsprofile erstellt werden und Verhalten normiert werden.
Critical Design – Die Stadt, die dich kennt:
Es wurden auch kritische Aspekte reflektiert, etwa dass eine Infrastruktur nicht nur dienen, sondern auch kontrollieren kann. Wer hat Zugriff auf die gesammelten Daten? Wer entscheidet, welche Informationen angezeigt werden? Und was bedeutet es, wenn Laternen Personen erkennen können? Diese Betrachtung hebt zentrale Fragen zu Datenschutz, Zugänglichkeit und Machtkonzentration hervor.
Da es in diesem Projekt jedoch um eine Utopie gehen soll, wurde innerhalb der Gruppe beschlossen, eine hoffnungsvolle, kollektive Zukunft ohne Smartphones zu erschaffen, wie im spekulativen Design beschrieben.
Das Produkt
Das Produkt besteht aus zwei zentralen Komponenten: Modernen E-Ink-Displays und intelligenten Leuchtdioden.
Beide Systeme zeichnen sich durch ihren energiesparenden Betrieb aus, da sie im Ruhezustand vollständig ausgeschaltet bleiben und erst bei Berührung aktiviert werden.
Die E-Ink-Displays nutzen eine technologieähnliche Oberfläche wie bei E-Book-Readern – sie sind stromsparend, blendfrei und auch bei direktem Sonnenlicht gut lesbar. Bei Interaktion durch den Nutzer schalten sie sich ein und zeigen gezielt Informationen an.
Die Leuchtdioden funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip. Sie bleiben im Hintergrund deaktiviert und leuchten erst, wenn ihre Oberfläche berührt wird. Dadurch entsteht ein intuitives, berührungsbasiertes Informationssystem direkt im urbanen Raum.
Beide Varianten können kontextabhängig unterschiedliche Inhalte darstellen – etwa Navigation, Wetter, aktuelle Temperatur, Veranstaltungen in der Umgebung, die Uhrzeit oder Echtzeitinformationen zu Bus- und Bahnabfahrten.
So wird der öffentliche Raum zur interaktiven Informationsfläche – ganz ohne Smartphone.
Hier sieht man wie das E- Link-Display für die Smart-City aussehen könnte.
Es ist ein einfaches Display, welches in die Objekte integriert ist, damit man die Displays nur wahrnimmt, wenn man sie braucht.
Die Leuchtdioden sind in den Holzfasern integriert. Auch diese sollen eher unscheinbar wirken jedoch ihre Funktion zur Informationsvermittlung erfüllen.
Funktion
Das Produkt verlagert digitale Informationen vom persönlichen Smartphone in den urbanen Raum.
Statt ständig auf das eigene Display zu schauen, ermöglichen die E-Ink-Displays und Leuchtdioden eine intuitive Interaktion direkt in der Umgebung.
Funktionen wie Navigation, Wetter, Uhrzeit, Veranstaltungshinweise oder Busabfahrtszeiten erscheinen sichtbar im Stadtraum – genau dort, wo sie gebraucht werden.
Diese Technologie fördert nicht nur Orientierung und Information ohne Ablenkung, sondern verändert auch die Art, wie wir uns im öffentlichen Raum bewegen.
Durch den bewussten Verzicht auf das Smartphone entsteht Raum für mehr Aufmerksamkeit, spontane Begegnungen und echte Interaktion mit der Umgebung.
Die Menschen nehmen ihre Umwelt wieder aktiver wahr – ohne ständiges Scrollen, Tippen und Unterbrechen.
Video
Fazit
»Die Stadt, die mit dir spricht« entwirft eine mögliche Zukunft urbaner Kommunikation – eine Zukunft, in der Technologie nicht trennt, sondern verbindet.
Zwischen utopischer Vision und kritischer Warnung schafft das Projekt Raum für wichtige Fragen:
Wie viel Technik ist im öffentlichen Raum wirklich wünschenswert?
Wie lassen sich Autonomie und Privatsphäre in einer vernetzten Stadt bewahren?
Und wie können urbane Interfaces gestaltet werden, damit der Mensch im Fokus steht – und nicht das Gerät?
Das Semesterprojekt hat gezeigt, dass es zahlreiche spannende Ansätze gibt, Menschen mit ihrer Umgebung auf neue Weise in Kontakt zu bringen. Besonders faszinierend war dabei die Rolle der Künstlichen Intelligenz, die viele neue Wege in eine innovative Zukunft eröffnet.