Read. Write. Own. Bulding the Next Era of the Internet

Das Buch Read Write Own behandelt die Entwicklung des Internets und die Vision eines dezentralisierten Web3.
 Dixon argumentiert, dass das heutige Internet von wenigen Tech-Giganten dominiert wird und plädiert für ein nutzerzentriertes, blockchain-basiertes Web.

Das Internet hat sich in den letzten 30 Jahren dramatisch verändert. Was als offenes Netzwerk von Wissenschaftlern und Tech-Enthusiasten begann, ist heute ein digitaler Raum, der von wenigen Großkonzernen dominiert wird.

Chris Dixon, Investor und Partner bei der renommierten Venture-Capital-Firma Andreessen Horowitz, beschreibt diese Entwicklung als eine Abfolge von drei großen Phasen des Internets.


Timeline – Die drei Phasen des Webs

  • Web1 (Read): Nutzer konnten Informationen konsumieren, aber nicht mitgestalten.
  • Web2 (Read-Write): Mit Plattformen wie Facebook, YouTube und Instagram wurde das Internet interaktiv – aber auch zentralisiert.
  • Web3 (Read-Write-Own): Dixon sieht hier die Zukunft – ein dezentrales, nutzerkontrolliertes Internet, ermöglicht durch Blockchain-Technologie.

Netzwerke – Die verborgene Machtstruktur

„On the internet, the marginal cost of distribution are negligible, so power primarily accrues another way: through network effects“
Chris Dixon

Im Zentrum dieser Entwicklung steht laut Dixon ein Begriff: Netzwerke. Sie bestimmen, wer im Internet Macht hat – und wer nicht. Besonders entscheidend ist dabei der sogenannte Netzwerkeffekt: Je mehr Menschen ein Netzwerk nutzen, desto attraktiver wird es für andere. Das erklärt, warum Plattformen wie Facebook oder Amazon so dominant sind – sie sind schwer zu verlassen, weil „alle anderen“ auch dort sind.

1. Read – Die Anfänge des Internets

Die Geburt eines offenen Internets

In den 1990er-Jahren war das Internet stark skeuomorph geprägt – das heißt, digitale Anwendungen ahmten vertraute analoge Formen nach: Websites sahen aus wie Broschüren, E-Mails wie digitale Briefe und Onlineshops erinnerten an klassischen Versandhandel. Diese Phase wurde auch als „Read-Era“ bezeichnet, weil Informationen fast ausschließlich einseitig flossen – von der Website zum Nutzer. Es basierte auf offenen Protokollen wie HTTP (für Webseiten) und SMTP (für E-Mails). Jeder konnte Dienste aufbauen, ohne um Erlaubnis zu fragen – ein regelrechter „digitaler Wildwesten“, aber mit kreativer Energie.

Protocol Networks – Der dezentrale Anfang

E-Mail basiert auf offenen, standardisierten Protokollen wie SMTP, IMAP und POP3. Diese ermöglichen die Kommunikation zwischen verschiedenen E-Mail-Diensten (z. B. Gmail, Outlook, Yahoo) ohne zentrale Kontrolle. Jeder kann E-Mail-Server betreiben oder nutzen, was das System dezentral, interoperabel und langlebig macht.

Dixon nennt diese frühen Netzwerke „Protocol Networks“: Systeme, die allen offenstehen, niemandem gehören und Innovation ermöglichen. Google zum Beispiel entstand auf Basis offener Webstandards – ein Beweis für das Innovationspotenzial solcher Strukturen.

2. Read. Write. – Die Ära der Plattformen

Corporate Networks – Die Plattform-Monopole

“Come for the tool, stay for the network":

Mit Web2 kam die Benutzerfreundlichkeit – aber auch die Zentralisierung. Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok oder YouTube machten es einfach, Inhalte zu veröffentlichen und zu teilen. Doch diese Corporate Networks entwickelten sich zu geschlossenen Ökosystemen.
Sie kontrollieren die Inhalte, verdienen an der Werbung, und behalten oftmals den Großteil der Erlöse – sogenannte Take Rates. Während YouTube z. B. 45 % der Werbeeinnahmen einbehält, geben Facebook oder Instagram fast nichts an Creator zurück. Dixon nennt dies das „Attract-Extract-Modell“: Erst werden Nutzer und Entwickler angelockt, später werden Regeln, Gebühren und Reichweiten zu Ungunsten der Community verändert.

3. Read. Write. Own – Web3 und das Internet im Besitz der Nutzer

Was ist eine Blockchain?

Eine Blockchain ist eine spezielle Art von Datenbank, die Informationen in sogenannten Blöcken speichert. Diese Blöcke sind chronologisch miteinander verbunden und durch Kryptografie gesichert – so entsteht eine unveränderbare Kette von Datensätzen.
Der Clou: Die Blockchain ist dezentral, das heißt sie wird nicht auf einem zentralen Server gespeichert, sondern gleichzeitig auf vielen Computern (Nodes), die sich gegenseitig kontrollieren. Dadurch ist sie besonders fälschungssicher und transparent.

Einfaches Beispiel zur Veranschaulichung:

Stell dir vor, du und neun Freunde führt ein Schuldenbuch. Wenn jemand sagt: „Anna schuldet Leo 10 €“, müssen alle diese Information in ihr eigenes Buch eintragen. Nur wenn alle zustimmen, wird der Eintrag übernommen. Und niemand kann ihn später heimlich ändern – denn jeder hat eine Kopie.
So funktioniert eine Blockchain: Jeder Block ist wie eine Seite im Schuldenbuch – und alle Teilnehmer achten gemeinsam auf die Korrektheit.

Blockchain, Token & Digital Ownership

Web3 soll all das ändern. Die Grundlage bildet die Blockchain-Technologie, also verteilte Netzwerke, in denen Informationen sicher und nachvollziehbar gespeichert werden.
Mit Tokens (digitale Eigentumsnachweise) und Smart Contracts (automatisierte Regeln) können Nutzer nicht nur Inhalte teilen, sondern auch besitzen:

  • Künstler können ihre Werke als NFTs direkt verkaufen.
  • Communitys können Plattformen mitgestalten und mitverdienen.
  • Nutzer behalten ihre digitale Identität – unabhängig von der Plattform.

Blockchain Networks – Neue digitale Ökosysteme

Ein Blockchain-Netzwerk besteht aus allen beteiligten Computern (Nodes), die gemeinsam eine Blockchain betreiben. Sie sorgen dafür, dass:

  • Neue Blöcke nur nach Konsens (Zustimmung) aller Teilnehmer hinzugefügt werden,
  • keine zentrale Instanz nötig ist,
  • und digitale Transaktionen sicher & überprüfbar sind.

Blockchain-Netzwerke unterscheiden sich grundlegend von Corporate Networks. Sie sind:

  • Dezentral
  • Transparent
  • Code-gesteuert
  • Gemeinschaftlich verwaltet

Im Gegensatz zu Plattformen wie Instagram, wo ein Algorithmus oder Manager alles entscheidet, regeln DAO-Strukturen (Decentralized Autonomous Organizations) die Governance per Abstimmung.

A New Era – Netzwerke mit Anreizen

In dieser neuen Ära des Internets werden Nutzer nicht mehr nur „User“, sondern Mitbesitzer. Wer früh einsteigt oder zur Entwicklung beiträgt, kann durch Tokens am Erfolg des Netzwerks beteiligt werden. Dixon nennt das Token Incentivization: „Netzwerke, die ihren Nutzern gehören, werden fairer, kreativer und nachhaltiger.“

Here and Now – Wo stehen wir aktuell?

Doch Web3 steht noch am Anfang. Viele Blockchain-Projekte sind schwer verständlich, technisch komplex oder wirtschaftlich spekulativ. Dixon beschreibt zwei gegenläufige Kulturen:

Computer vs. Casino

  • Computer-Kultur: Entwickelt langfristig nützliche Anwendungen und Infrastruktur (z. B. Ethereum, Open Source).
  • Casino-Kultur: Nutzt Tokens für Spekulation, Betrug oder kurzfristigen Profit (z. B. Meme-Coins, NFT-Hypes).

Der FTX-Skandal oder der Absturz vieler NFT-Projekte zeigen: Web3 hat ein Vertrauensproblem. Aber es ist laut Dixon kein technisches – sondern ein kulturelles.

What’s Next – Der „iPhone-Moment“ für Web3

Wie das Smartphone vor dem iPhone viele Anläufe brauchte, braucht auch Web3 seine „Killer-App“ – eine Anwendung, die so nützlich ist, dass sie die Technologie massentauglich macht.
Mögliche Felder:

  • Dezentrale soziale Netzwerke (z. B. Farcaster, Lens Protocol)
  • Digitale Kunst & Musikrechte
  • Virtuelle Welten & Blockchain-Gaming
  • Finanzanwendungen ohne Banken (DeFi)
  • KI-Systeme mit fairer Wertverteilung

Und wie bei früheren Technologien (z. B. dem PC) könnten auch unerwartete, heute noch unbekannte Anwendungen zum Durchbruch führen.

Kritik – Visionär, aber ohne Substanz?

Trotz seiner Begeisterung bleibt Read Write Own für viele Beobachter zu vage. Besonders Molly White, Entwicklerin und Gründerin der Plattform Web3 Is Going Just Great, wirft Dixon vor, einseitig zu argumentieren und kritische Perspektiven auszublenden. Ihre zentralen Kritikpunkte:

  • Dixon ignoriert bestehende Alternativen wie RSS oder Mastodon, die bereits dezentral funktionieren – ohne Blockchain.
  • Er behauptet, Blockchain werde Big Tech ersetzen, ohne dafür belastbare Beispiele oder funktionierende Anwendungen zu liefern.
  • Statt sich mit Kritik sachlich auseinanderzusetzen, tut Dixon viele Argumente als Missverständnisse ab.
  • Es gibt kaum erfolgreiche Blockchain-Projekte außerhalb von Spekulation, was den zentralen Nutzen von Web3 in Frage stellt.
  • Fehlende Quellen und unklare Daten machen es schwer, Dixons Aussagen objektiv nachzuvollziehen.

White kritisiert nicht die Technologie an sich, sondern die Überhöhung von Blockchain als Allzwecklösung – ohne konkrete Resultate. Für sie ist Web3 derzeit eher ein Marketingversprechen als ein funktionierendes Ökosystem.

Fazit

Chris Dixons Buch ist keine reine Technikbeschreibung, sondern ein Appell an Entwickler, Designer und Nutzer, das nächste Internet aktiv mitzugestalten.
In Zeiten, in denen Plattformen Inhalte, Nutzer und Märkte kontrollieren, bietet Web3 ein Gegenmodell: ein Internet, das uns gehört – offen, fair und an den richtigen Stellen reguliert. Ob diese Vision Realität wird, hängt nicht nur von der Technologie ab – sondern vor allem davon, wie wir sie einsetzen.


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